Religionsunterricht als integrativer Impuls
Der konfessionelle Religionsunterricht wirkt in einer zunehmend multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft integrativ und stabilisierend, er "fördert ein möglichst konfliktfreies Miteinander": Diese Überzeugung hat der Grazer Bischof Egon Kapellari vor steirischen Katecheten bei deren dreitägiger Fortbildungsveranstaltung "Sommer.Bildung" im Augustinum in Graz geäußert. Es komme "einer pluralen Gesellschaft wie der unseren" zugute, wenn die in ihr präsenten Religionsgemeinschaften Menschen prägen können, "die ohne Fanatismus und andere Formen der Intoleranz ihre auf religiösem Wissen und religiöser Überzeugung beruhenden Werte in den öffentlichen Diskurs einbringen", betonte Kapellari in seinem Grußwort. Dafür sei der Religionsunterricht ein wichtiges Instrument.
Demgegenüber werde eine Gesellschaft, die auf den stabilisierenden Faktor religiöser Werte verzichte, "tendenziell labiler". Nach den Worten des Bischofs schafft verlässliche Information über die eigene Religion und Kultur auch die Voraussetzungen für eine kompetente Gesprächspartnerschaft im interreligiösen oder multikulturellen Dialog.
Im "sozialen Biotop Schule" gebe es eine "beglückende, aber oft auch belastende Vielfalt" mit einem immer stärker werdenden Pluralismus bei Schülern und Lehrkräften. Dies dürfe aber nicht zu einem Verzicht auf den konfessionellen Religionsunterricht oder gar zu einem Verzicht auf christliche Identität inmitten eines pluralistischen Schulpanoramas führen, unterstrich Kapellari.
Katholischer Religionsunterricht sei dabei "nie bloß Religionskunde" bzw. bloße Information über Religion. Erforderlich sei immer auch ein christliches Glaubenszeugnis der Unterrichtenden. "Dies ohne Indoktrination, aber sympathisch einladend für Gott, für Christus, für die Kirche", so der Bischof.
Möglichst viel Glaubenswissen als Ziel
Kapellari ging auch auf kritische Anfragen an den Religionsunterricht bezüglich eines schwindenden Glaubenswissens ein: Er berichtete von Klagen, dass manche Schüler nach acht oder gar zwölf Jahren Religionsunterricht weder den Text des "Vater unser" kennen würden noch über die Zehn Gebote und die Struktur der Eucharistiefeier Bescheid wüssten. "Ich nehme als Bischof den Religionsunterricht gegen eine pauschale Kritik klar und ausdrücklich in Schutz", sagte Kapellari dazu. Trotzdem sei die Frage zu stellen, wie möglichst vielen jungen Leuten nicht nur "positiven Stimmungen" betreffend Religion und Kirche vermittelt werden können: "Es geht über Gefühle hinaus auch um Glaubenswissen, um möglichst viel Glaubenswissen."
Skeptischen Schülern sollte bewusst werden, dass ein solches Wissen zum kulturellen Erbe der ganzen Menschheit und besonders Europas gehöre "und dass es auch für Menschen, die dieses Wissen nicht im Glauben annehmen, eine bleibende Lebenshilfe sein kann".
Die "Sommer.Bildung 2014" in der letzten Ferienwoche der steirischen Religionslehrer ist dem Thema Transformation gewidmet. Den Eröffnungsvortrag am Montag dazu hielt die Leiterin für Logotherapie und Existenzanalyse in Tübingen und Wien, Boglarka Hadinger. Eröffnet wurde die Tagung vom Leiter des diözesanen Amtes für Schule und Bildung, Christian Leibnitz.
"Seien Sie Zeugen und Gelehrte!"
Am Abend feierte Bischof Kapellari in der Kirche des Augustinums einen Gottesdienst zur Sendung der neuen Religionslehrer. "Wer auf Christus schaut und hört, wer in dieser Beziehung mit ihm tief eingewurzelt ist, der möchte diese Erfahrung wie von selbst auch anderen mitteilen", sagte er in seiner Predigt. Kapellari gab den in den Schuldienst Eintretenden ein Wort von Papst Paul VI. aus dessen Schreiben "Evangelii nuntiandi" mit auf den Berufsweg: "Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Gelehrte, und wenn er auf Gelehrte hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind." Bischof Kapellaris Appell an die Religionslehrer: "Seien Sie beides!"
Quelle: kathpress