Eisenstadt: Gedenken an Opfer von Oberwart
Am 4. Februar 1995 starben die vier Roma Josef Simon, Peter Sarközi, Karl und Erwin Horvath in Oberwart (Burgenland) durch eine heimtückische Rohrbombenfalle von Franz Fuchs. Dieses Attentat ist Anlass für eine hochkarätig besetzte Gedenkveranstaltung exakt 20 Jahre später, veranstaltet vom Referat für ethnische Gruppen der Diözese Eisenstadt und Roma-Vereinen. Bundespräsident Heinz Fischer, Bischof Ägidius Zsifkovics, Altbischof Paul Iby, Superintendent Manfred Koch, Landeshauptmann Hans Niessl und sein Stellvertreter Franz Steindl haben ihre Teilnahme zugesagt. Zu Wort kommen auch Rudolf Sarközi, Stefan und Manuela Horvath sowie Schüler der BAKIP Oberwart in einem ökumenischen Gebet.
Der 20. Gedenktag an das Bomben-Attentat beginnt mit einem gemeinsamen Lichterzug um 18.15 Uhr zur Gedenkstätte in Oberwart, die eigentliche Gedenkfeier folgt um 19 Uhr mit Begrüßungsworten von Emmerich Gärtner-Horvath, einem Gründungsmitglied des Vereins Roma Oberwart, und Bürgermeister Georg Rosner und den Ansprachen der Vertreter der Volksgruppe, der Politik und der Kirchen. Musikalisch gestaltet wird die Feier von der Stadtkapelle Oberwart, von Romano Rath, Indira Gussak und BAKIP-Schülern.
Bereits um 17 Uhr eröffnen Heinz Fischer und Hans Niessl im "OHO" (Offenes Haus Oberwart) die Ausstellung "Zeichnen gegen das Vergessen" des Künstlers Manfred Bockelmann. Der Bruder des kürzlich verstorbenen Udo Jürgens wird dabei anwesend sein. Gezeigt werden Portraits von Kindern und Jugendlichen, die u.a. in Auschwitz-Birkenau, am Wiener Spiegelgrund und in Hartheim Opfer des NS-Rassenwahn wurden, weiters Portraits der vier Attentatsopfer von Oberwart mit Kohle auf großformatige Leinwand.
Auslöser von Erinnerungen und Ängsten
Auf der Eisenstädter Diözesan-Website www.martinus.at wird unter dem Titel "Oberwart. 20. Gedenktag an das Bombenattentat" auf die dramatischen Ereignisse vom 4. Februar 1995 zurückgeblickt. Kurz nach 23 Uhr brachen die vier späteren Opfer zum Kontrollgang durch ihre Roma-Siedlung in Oberwart auf, weil sie verdächtigen Lärm gehört hatten. Sie entdeckten auf einer Kreuzung rund 250 Meter von der Siedlung entfernt ein vermeintliches Verkehrszeichen, bestehend aus einem Kunststoffsockel, einem etwa 1,20 Meter hohen Rohr sowie einer darauf befestigten Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien". Die vier Männer versuchten sie zu entfernen, dabei wurde der Zündmechanismus ausgelöst.
"Die Ermordung der vier Roma raubte den Hinterbliebenen ihre Väter, Brüder, Kinder, Onkel und Freunde", heißt es weiter. Das Attentat habe bei der älteren Generation Erinnerungen an die Vernichtung in den Konzentrationslagern geweckt, bei den Jüngeren Angst vor weiteren Anschlägen. Mit folgendem Schlusssatz lädt die Diözese Eisenstadt zur Teilnahme an der Kundgebung am 4. Februar ein: "Wir mahnen die zukünftigen Generationen, gegen jeglichen Rassismus aufzustehen."
Auch nach der Tat zeigten sich Vorurteile
Auch die burgenländische Kirchenzeitung "martinus" blickt in ihrer aktuellen Ausgabe auf den Anschlag und seine Folgen zurück. Der damalige Roma-Seelsorger Werner Klawatsch - erst kurz zuvor von Bischof Iby zum ersten Priester in dieser Funktion eingesetzt - erinnert sich an seine Besuche in jedem Haus der Roma-Siedlung im damals herrschenden Schockzustand.
In einem Mitte Februar erscheinenden Buch über "Das Attentat von Oberwart - Terror, Schock und Wendepunkt" schildert Attentatszeuge Stefan Horvath, Vater eines der Opfer, "das damalige völlig unzureichende Krisenmanagement". Journalistenschwärme hätten die Roma belagert, es habe außer der Seelsorge keinerlei psychologische Betreuung der Hinterbliebenen gegeben, nicht einmal eine professionelle Tatortsicherung zu Beginn der Ermittlungen, wohl aber Hausdurchsuchungen in der Romasiedlung, die die Bewohner als "beschämend und demütigend" erlebt hätten.
Rassismus heute unterschwelliger
"Typisch" sei gewesen, dass die Medien zunächst von einer Fehde innerhalb der Roma ausgegangen seien und diese These auch noch vertraten, als ein Attentat längst offenkundig war, erinnert sich auch Alexander Gussak im "martinus" an diese Krisenzeit. "Offen sagt dir heute niemand mehr ins Gesicht, dass du ein Zigeuner bist, der Rassismus ist unterschwelliger geworden", berichtet der Enkel eines KZ-Häftling - eines von drei Überlebenden von ursprünglich 362 Roma im burgenländischen Stegersbach - der Kirchenzeitung.
Über schwindende Berührungsängste zwischen den Volksgruppen freut sich dagegen der Oberwarter Bürgermeister Georg Rosner, auch Mario Baranyai vom Verein Roma Oberwart schildert Positives: Es sei für junge Roma kein Problem mehr, auch höhere Schulen zu besuchen. Und Bildung bleibe "der zentrale Dreh- und Angelpunkt", um die Situation der Roma nachhaltig zu verbessern, meint Horst Horvath von der Volkshochschule der Burgenländischen Roma.